Alles Gute zum Geburtstag! Seit nunmehr fünf Jahren ermöglicht der Verein Open House Wien architekturbegeisterten Menschen den Einblick in normalerweise nicht öffentlich zugängliche Häuser. 2018 öffneten im September wieder zahlreiche Verwaltungsgebäude, Kirchen, Schulen sowie Universtäten, Wohnhäuser und weitere Bauwerke ihre Tore und ließen Einsichten zu, die man ansonsten nur durch die richtigen Kontakte erhält. Ich habe mich für einen Besuch von fünf Gebäuden entschieden, welche ich euch in diesem Beitrag vorstelle.
DIE HÖHEPUNKTE VON OPEN HOUSE WIEN IN DIESEM REISEBERICHT
Zutritt in den 73 Meter hohen Ringturm, eines der markantesten Gebäude auf der Wiener Ringstraße
Besichtigung einer Wohnung im Wohnpark Alterlaa, der ein ganz spezielles Terrassenhochhaus darstellt
Das WU Campus Learning Center von Stararchitektin Zaha Hadid nahe des Messegeländes im Wiener Prater
Das eher unbekannte Billrothhaus von 1893 mit seinem schönen Festsaal, Sitz der Gesellschaft der Ärzte
Einblicke in das zauberhafte Vorstadtpalais des Italienischen Kulturinstituts im dritten Bezirk
Dieser Artikel wurde zuletzt am 23. September 2022 aktualisiert.
Fünf Jahre Erfolgsgeschichte von Open House Wien
2014 ist mit Open House Wien (openhouse-wien.at) eine Veranstaltung geschaffen worden, die seither einen jährlichen Fixpunkt für mich darstellt. Organisiert von Iris Kaltenegger und Ulla Unzeitig, konnten die beiden Architektinnen im Jahr 2018 die Hausbesitzer von 80 Gebäuden in Wien und Niederösterreich überzeugen, ihre Tore für alle Interessierten zu öffnen. Das Konzept stammt aus London, wo bereits seit 1992 eine Vielzahl an normalerweise verschlossenen Häusern an einem Wochenende im Jahr kostenlos zugänglich sind. Weltweit nehmen übrigens über das Jahr verteilt mehr als 35 Städte an Open House teil und es ist mein Ziel, auch einmal von einem anderen Ort als Wien darüber in meinem Reiseblog zu berichten. Alle Orte findet ihr übersichtlich aufgelistet auf der Webseite openhouseworldwide.org.
Freiwillige ins Rampenlicht
Einen Umstand kann man nicht oft genug betonen: ohne die über 250 Volunteers würde es Open House einfach nicht geben. Sie sind dafür zuständig, den großen Andrang an Menschen in überschaubare Kleingruppen aufzuteilen, Führungen durch die Gebäude zu leiten und bei Fragen ein offenes Ohr für die Besucherinnen und Besucher zu haben. Von meiner Seite ein riesiges Dankeschön für euren Einsatz! Bei Zehntausenden architekturinteressierten Personen an einem Wochenende kann man sich vorstellen, dass dies für die Freiwilligen nicht immer einfach ist.
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TIPP: Weitere Artikel zu Open House Wien
Bei OPEN HOUSE 2016 habe ich in einem Blogbeitrag die folgenden sechs Gebäude beschrieben: die k.k. priv. Länderbank, das OMV Headoffice, die ÖBB Unternehmenszentrale, den Lassallehof, das Umspannwerk Favoriten und das Kipferlhaus.
Hier geht es zum Blogbeitrag: Open House Wien: Wenn verschlossene Türen sich öffnen
Bei OPEN HOUSE 2017 habe ich erneut sechs interessante Gebäude besichtigt: das Börsegebäude, die ehemalige Böhmische Hofkanzlei, den Bridge Club, den Gasometer, die futuristische ÖAMTC-Zentrale und die Österreichische Postsparkasse von Otto Wagner. Hier geht es zum Blogbeitrag: Open House Wien 2017: Sesam, öffne dich!
1) Ringturm
Architekt: Erich Boltenstern
Baujahr: 1953-1955
Adresse: Schottenring 30, 1010 Wien
Mehr Information auf der Seite vig.com
Symbol des Aufschwungs
Als ich in der Liste mit den teilnehmenden Gebäuden erstmals in fünf Jahren den Ringturm sah, war er sofort ein Fixpunkt auf meinem geplanten Besichtigungsprogramm. Das 73 Meter hohe Gebäude steht an der Ecke Franz-Josefs-Kai/Schottenring und ist ein echter Blickfang, auch wenn die Architektur heute etwas antiquiert wirkt. Zum Zeitpunkt des Baus 1955 – kurz nach der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrags – war das noch anders und es sollte mit der Errichtung eines „amerikanischen Hochhauses“ der wirtschaftliche Aufschwung symbolisiert werden.
Heimat der Vienna Insurance Group
Auftraggeber war Norbert Liebermann, Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung. Auch heute noch ist die Zentrale des Mutterkonzerns Vienna Insurance Group im Ringturm untergebracht. Der Ringturm wird übrigens seit 2006 für mehrere Monate im Jahr von jeweils einem anderen Künstler komplett eingehüllt. 2018 sieht man das Kunstwerk „I saw this“ von Gottfried Helnwein – ein eindringlicher Appell gegen Gewalt, Terror und Angst.
Genialer Ausblick über Wien
Ich hatte mit großem Andrang auf den Ringturm gerechnet, da ihn wohl jeder Wiener und jede Wienerin kennt. Und tatsächlich: es zahlte sich wirklich aus, bereits eine halbe Stunde vor der Öffnung anwesend zu sein, denn später bewegte sich die Wartezeit dauerhaft um 60 Minuten herum. In Gruppen mit 16 Personen ging es per Aufzug und zu Fuß an die Spitze in den 20. Stock, wo ein 360-Grad-Blick auf Wien möglich ist. Ich kann euch sagen, dass ich bis jetzt noch nirgendwo eine bessere Sicht auf meine Stadt hatte! Im zweiten Stock konnte man dann noch das Stiegenhaus und original erhaltene Türen besichtigen. Leider war für alles sehr wenig Zeit, aber bei der Warteschlange vor dem Eingang auch nicht weiter verwunderlich. 😉
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2) Wohnpark Alterlaa
Architekten: Harry Glück, Requat & Reinthaller & Partner, Kurt Hlaweniczka
Baujahr: 1973-1976
Adresse: Anton-Baumgartner-Straße 44, 1230 Wien
Mehr Information auf der Seite nextroom.at
Die Stadt in der Stadt
Ebenfalls erstmals bei Open House dabei war der Wohnpark Alterlaa. Während riesigen Plattenwohnbauten in Großstädten eher ein negatives Image anhaftet, stellt die Anlage in Alterlaa eine Ausnahme dar. Das Motto des Architekten Harry Glück ist „Wohnen wie Reiche auch für Arme“. Von außen sind die drei Wohnblöcke aus den 70er-Jahren vielleicht keine Schönheit, aber durch ihren terrassenartigen Aufbau schon ein deutlich attraktiverer Anblick als vergleichbare Wohnbauten in dieser Größe. Innerhalb des Wohnparks wird aber alles geboten, was das Herz begehrt: ausreichende Grünflächen, Einkaufsmöglichkeiten, Ärztezentren, Bildungseinrichtungen, Kirchen, Freizeit- sowie Sporteinrichtungen und seit 1995 auch die Anbindung an die U-Bahn-Linie U6 – Alterlaa ist im Grunde wahrlich eine Stadt in der Stadt. Die Zufriedenheit der Menschen hier liegt bei Umfragen regelmäßig über 90 Prozent, was ein beachtlicher Wert ist.
Wohnen im Terrassenhochhaus
Über 3.000 Wohnungen mit rund 10.000 Bewohnern und Bewohnerinnen befinden sich im Wohnpark Alterlaa und selten steht eine leer, so beliebt ist dieser Ort im Süden von Wien. Die Wohnungen bis in den 12. Stock bieten eine begrünte Terrasse, während die darüberliegenden Einheiten eine Loggia besitzen. Der Ausblick auf Wien ist wirklich beachtlich und trägt sicherlich zur Lebensqualität gehörig bei. Auf den Dächern des Wohnparks sind sieben Swimmingpools installiert, die im Brandfall auch gleichzeitig die Löschwasserversorgung sicherstellen. Während der Führung mit einem Open-House-Volunteer konnte man eines dieser Schwimmbäder inklusive Aussicht bewundern und eine 36m² große Wohnung besichtigen. Es war faszinierend zu sehen, wie der darin wohnhaften Architektin eine perfekte Aufteilung von Küche, Wohn- und Schlafzimmer in nur einem Raum gelungen ist. Fotos durfte man dort aber verständlicherweise nicht machen.
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3) WU Campus Learning Center
Architekt: Zaha Hadid Architects, Hamburg
Baujahr: 2008-2013
Adresse: Welthandelsplatz 1, 1020 Wien
Mehr Information auf der Seite wu.ac.at und in meinem Artikel Wien: Das Erbe von Zaha Hadid
Moderne Architektur im Wiener Prater
An der Stelle, wo in den 1930er-Jahren das alte Messegelände und die Weltausstellung mit der berühmten Wiener Rotunde (1937 abgebrannt) stand, befindet sich heute im Wiener Prater der Campus WU – Hauptsitz der Wirtschaftsuniversität. 2013 waren die rund fünf Jahre dauernden Bauarbeiten beendet und das architektonische Gesamtkunstwerk für alle Wienerinnen und Wiener endlich in seiner ganzen Pracht zu bestaunen. Das optisch auffälligste Gebäude ist das Library and Learning Center der irakisch-britischen Stararchitektin Zaha Hadid, die leider 2016 viel zu früh verstorben ist. Es besteht aus einem hellen und einem dunklen Baukörper, die ineinander verschlungen sind.
Eintritt in die Zukunft
Das auskragende Dach mit seiner abgeschrägten Glasfassade – Monitor genannt – ist ein echter Blickfang. Nach dem Betreten des Hauptfoyers fühlt man sich in der futuristischen und in Weiß gehaltenen Architektur in die Zukunft versetzt. Überall finden sich die für Hadid typischen Kurvenformen und schräge Wände als Stilelement. Die Führung war leider etwas enttäuschend, was aber nicht an Open House, sondern an der Wirtschaftsuniversität selbst lag.
Alltägliche Einblicke
Gezeigt werden konnten nur Bereiche, die sowieso unter der Woche öffentlich zugänglich sind. Es gab kein typisches Open-House-Aha-Erlebnis, bei dem man eben nicht öffentliche Räume sehen kann. Außerdem sorgte ein Fotoverbot für großes Unverständnis in meiner Gruppe. Wenn man in der Google-Bildersuche Tausende Fotos vom Library and Learning Center findet und dann selbst keine Bilder als Erinnerung machen darf, ist der Ärger nachvollziehbar. Ich habe deshalb Fotos von einer Presseführung vor einigen Jahren genommen, um euch trotzdem Eindrücke zeigen zu können.
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4) Billrothhaus
Architekt: Ludwig Richter
Baujahr: 1891-1893
Adresse: Frankgasse 8, 1090 Wien
Mehr Information auf der Seite wikipedia.org
Ein unscheinbarer Schatz in Wien
Das Schöne an Open House ist, dass man auch immer wieder Schätze in seiner Stadt entdeckt, die man vorher nicht unbedingt auf der Rechnung hatte. Dieses und das nächste Gebäude sind solche Beispiele. Das Billrothhaus wurde 1893 als Vereinshaus der Gesellschaft der Ärzte eröffnet und ist bis heute der Sitz eben dieser. Die Errichtung wurde damals notwendig, da durch das Anwachsen der Fachbibliothek akute Platznot herrschte und ein dadurch zwanghafter, mehrmaliger Umzug des Vereins mit der Schaffung eines neuen Gebäudes gestoppt werden sollte. Benannt ist das Billrothhaus nach dem deutschen Arzt und ehemaligen Präsidenten der Gesellschaft, Theodor Billroth.
Beeindruckender Festsaal
Im Inneren wurde man nach dem Durchschreiten eines schönen Foyers gleich in Empfang genommen und einer Führung zugeteilt. Die Besichtigung begann dann in der Großen Bibliothek, die mit ihren Holzregalen und den darin gelagerten Büchern sehr stilvoll aussieht. Über ein prachtvolles Stiegenhaus gelangte man dann in den ersten Stock, wo mich der Festsaal wirklich umgeworfen hat – ein großartiger Raum! Der außerhalb des Saals rundherum verlaufende Gang erinnerte mich mit seinen Schwenktüren an ein Theater. Das Billrothhaus war für mich sicherlich die große Überraschung beim diesjährigen Open House.
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5) Italienisches Kulturinstitut
Architekt: Charles de Moreau, Bauausführung Franz Ehrmann
Baujahr: 1821-22
Adresse: , 1030 Wien
Mehr Information auf der Seite iicvienna.esteri.it
Gut erhaltenes Vorstadtpalais
Das Italienische Kulturinstitut ist im ehemaligen Palais Sternberg im dritten Wiener Bezirk untergebracht. Es ist auch heute noch ein repräsentatives Beispiel für ein Wiener Vorstadtpalais mit Gartenanlage vom Spätbarock bis zur Ringstraßenzeit. Das Gebäude wurde 1821-22 für den namhaften Arzt Johann Christian Schiffner, Direktor des Allgemeinen Krankenhauses, erbaut. Nach seinem Tod 1857 ging das Palais in den Besitz der böhmischen Familie Sternberg über. Im Zuge des Kulturabkommens zwischen Italien und Österreich gelangte das Gebäude schließlich 1935 in italienischen Besitz.
Von der Prunkstiege zum Badezimmer
Nach einer kurzen Sicherheitskontrolle konnte ich das Kulturinstitut betreten und fand mich sofort in einer gerade startenden Führung wieder. Über eine wundervolle Prunkstiege gelangte unsere Gruppe in den ersten Stock, wo der Volunteer Alex in unvergleichlicher Art und Weise allerlei Interessantes über die Geschichte des Gebäudes zu berichten wusste. Über die Jahre hinweg wurden von den verschiedenen Besitzern des Gebäudes immer wieder große Umbauarbeiten vorgenommen, wodurch heute noch mehrere Stile zu sehen sind. Ein Highlight ist ein modernes Badezimmer aus dem 19. Jahrhundert in feinster Marmorverkleidung. Der Blaue Saal sowie der Braune Saal überzeugten dann mit ihrer Wand- bzw. Deckenverzierung und am Ende konnte man noch von der Gartenanlage aus die Rückseite des Kulturinstituts bewundern.
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Allgemeine Beobachtungen über Open House Wien
Das Angebot von Open House war 2018 mit 80 Gebäuden wirklich ausgezeichnet und es sollte für jeden Geschmack etwas dabei gewesen sein. Ich hatte aufgrund von Zeitmangel die Qual der Wahl, welche Häuser ich mir ansehen und hier im Blogartikel vorstellen wollte. Neben meiner Auswahl hätten mich noch zahlreiche weitere Bauwerke interessiert. Aber genau so soll es ja sein – und das nächste Open House kommt bestimmt! 😉
Die Organisation empfand ich in vier der fünf von mir besuchten Gebäude als sehr gut, nur im Ringturm ging es zu Beginn etwas chaotisch zu. Zahlreiche Menschen, die bereits zeitig vor Ort waren, kamen dann aufgrund der ankommenden Massen nicht in den ersten Führungen unter, was ich als sehr unfair betrachte. Ein Zählkartensystem wäre an Orten, wo mit großem Andrang zu rechnen ist, wirklich sinnvoll. Die Lösung des Problems im Ringturm war aber schnell gefunden, indem eine Warteschlange vor dem Eingang gebildet wurde.
Die Länge der Führungen betrug bei meinen fünf Besichtigungen im Schnitt 20 Minuten, was ich genau richtig finde – nicht zu kurz und nicht zu lang.
Toll fand ich, dass auf der Facebook-Seite von Open House in einem häufig aktualisierten Beitrag die aktuellen Wartezeiten von den am stärksten besuchten Gebäuden angezeigt wurden, was für die Planung untertags sehr hilfreich war.
FAZIT
Mit Open House gab es auch 2018 in Wien wieder eine Fixveranstaltung für alle Architekturinteressierten. 80 Gebäude, die im Normalfall nicht von Individualbesuchern betreten werden können, wurden an einem Wochenende für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Egal ob Schulen, historische Häuser, Privatwohnungen, Kirchen oder zahlreiche weitere Einrichtungen – die Vielfalt an unterschiedlicher Architektur war das große Highlight dieser Veranstaltung. Hervorheben möchte ich die große Menge an Volunteers, die unentgeltlich ihre Zeit opfern und das Gelingen von Open House erst möglich machen. Welche Gebäude habt ihr euch angesehen und wie waren eure Erfahrungen? Ich bin auf eure Kommentare gespannt! 🙂
[…] Bei OPEN HOUSE 2018 habe ich in einem Blogbeitrag die folgenden sechs Gebäude in Wien beschrieben: den Ringturm, das WU Campus Library and Learning Center, den Wohnpark Alterlaa, das Billrothhaus und das Italienische Kulturinstitut. Hier geht es zum Blogbeitrag: Fünf Jahre Open House Wien […]
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