Einst ein kleines Fischerdorf, entwickelte sich Gdynia in nur wenigen Jahren zur wichtigsten Hafenstadt in Polen. Die Architektur der Innenstadt sticht dabei besonders heraus: Dutzende Bauwerke im Stil des Modernismus mit heller Fassade ergeben ein beeindruckend stimmiges Gesamtbild, das Gdynia den Spitznamen „weiße Stadt“ einbrachte. Wie du Gdynia ideal mit einer Städtereise nach Danzig kombinieren kannst und was es alles zu entdecken gibt, erzähle ich dir ausführlich in diesem Artikel.
HÖHEPUNKTE AUS GDYNIA IN DIESEM ARTIKEL
Ein fotografischer Rundgang durch eine relativ junge, moderne Stadt aus den 1920er-Jahren
Infos zur Entstehungsgeschichte von Gdynia und warum Polen dort einen neuen Hafen errichtete
Dutzende Bauwerke im Architekturstil des Modernismus als absolutes Highlight in Gdynia
Jede Menge Bilder mit exakten GPS-Koordinaten, um dir die besten Fotospots zu zeigen
Weitere Tipps, wie du Gdynia ideal mit den Nachbarstädten Sopot und Danzig verknüpfen kannst
Dieser Artikel wurde zuletzt am 29. August 2023 aktualisiert.
Reisezeit: Mai (Tagesausflug von Danzig aus) Anreise: Mit der S-Bahn SKM von Gdańsk Śródmieście nach Gdynia Główny (0:34 h) Unterkunft: Hotel PURO Hotel Gdańsk Stare Miasto* (Stągiewna 26): Sehr schickes Boutiquehotel in perfekter Lage mitten in der historischen Rechtstadt. Vom Hauptbahnhof ist das Hotel mit den Straßenbahn-Linien 8 oder 9 (vier Stationen bis zur Haltestelle Chmielna) und einem kurzen Fußweg gut erreichbar. Die Hauptsehenswürdigkeiten im Zentrum mit vielen Lokalen und Geschäften sind nur wenige Schritte entfernt. Große, moderne Zimmer mit ausgezeichnetem Bett, Bad mit Fußbodenheizung, sehr geräumiger Dusche und Pflegeprodukten von Alba1913. Schnelles WLAN, kostenlose Flasche Wasser pro Person, Safe, Klimaanlage (nicht abschaltbar, aber nicht störend), Multimedia-Steuerung über ein Tablett. Frühstück nicht gebucht, Fitnessraum mit Sauna nicht genutzt. Weiterempfehlung? JA! Auf meiner bevorzugten Hotelsuchmaschine booking.com findest du weitere schöne Unterkünfte in Danzig*.
TRANSPARENZHINWEIS
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Gdynia: Von Wien aus in die Dreistadt
In meiner Heimatstadt Wien ist mir am Hauptbahnhof schon oft eine Zieldestination auf der Anzeigetafel aufgefallen, mit der ich wenig anfangen konnte: Gdynia. Während einer Urlaubswoche im Mai wurde diese geografische Bildungslücke dann aber getilgt, denn gemeinsam mit meiner Freundin nahmen wir den Eurocity-Zug EC 106 Sobieski und fuhren direkt von Wien nach Danzig im Norden von Polen. Der Zug steuert aber nicht nur das enorm sehenswerte Danzig an, sondern fährt noch über Sopot weiter nach Gdynia, wo seine Endstation liegt. Gemeinsam bilden diese drei Orte die sogenannte Dreistadt (Trójmiasto). Über die Vorzüge der Hafenstadt Danzig kannst du dich in meinem Artikel Danzig: Eine Städtereise durch die Zeit informieren, zusätzlich liefere ich dir im Beitrag Sopot und Orłowo: Geniale Auszeit am Meer auch noch Inspiration für Tagesausflüge von Danzig aus.
Gdynia als „Notnagel“
Gdynia stand ursprünglich gar nicht auf meinem Programm und ich verdanke die Besichtigung nur einem Zufall. Meine Freundin war an einem Tag in Danzig beruflich eingespannt und ich entschied mich, einfach alleine nach Gdynia zu fahren und die Stadt ohne Vorkenntnisse auf mich wirken zu lassen. Mit der S-Bahn SKM dauert die Fahrt von Danzig nach Gdynia nur 34 Minuten und vor Ort begab ich mich gleich zur Touristeninformation an der Adresse 10 Lutego 24, um mich mit Infomaterial einzudecken. Mir fielen schon beim Spazierengehen die vielen modernistisch gestalteten Gebäude auf, doch erst nach dem Lesen der Prospekte begriff ich, welcher architektonische Schatz da vor mir lag. Mit Hilfe des Folders „Routen des Gdingener Modernismus-Weges“ machte ich mich also auf, um die Spuren von Gdynia zu verstehen und zu erforschen.
Die rasche Entstehung von Gdynia
Normalerweise widme ich mich auf Städtereisen der Geschichte eines Ortes nur sehr allgemein. Die Entstehung der noch relativ jungen Stadt Gdynia ist allerdings unheimlich spannend und zog mich komplett in ihren Bann! Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs führten 1919 die Verträge von Versailles zu einer politischen Neuordnung in Europa mit veränderten Grenzen. Polen wurde ein Teil von Pommern zugesprochen, die bisher zu Polen gehörende Hafenstadt Danzig erhielt jedoch den Status einer Freien Stadt. Durch diesen Umstand war Polen plötzlich grenztechnisch vom Hafen abgeschnitten. Zwar hatte man spezielle Rechte, um den Hafen von Danzig weiter nutzen zu können, doch es kam zu Spannungen mit der dortigen, hauptsächlich deutschen Bevölkerung. Die Regierung entschied deshalb, einen eigenen modernen Hafen sowohl für die wirtschaftliche als auch für die militärische Nutzung zu errichten.
Vom Fischerdorf zum Megahafen
Das kleine Dorf Gdynia erschien als perfekter Ort für den neuen Hafen, da sowohl eine gute Eisenbahnanbindung als auch klimatisch vorteilhafte Bedingungen vorlagen. Die Arbeiten begannen 1921 und der rasche Ausbau zog Tausende Arbeitssuchende aus dem ganzen Land nach Gdynia. Die Einwohnerzahl explodierte förmlich von rund 1.200 im Jahr 1921 zu 127.000 im Jahr 1939. Durch modernste Technik und Infrastruktur sowie Steuernachlässe und weitere Anreize für Investoren überholte der Hafen von Gdynia aus wirtschaftlicher Sicht bereits 1933 den Konkurrenzhafen in Danzig. Parallel zum Hafenbau musste natürlich auch die Stadt geplant werden. Architekten und Raumplaner wollten dabei vor allem modern und sozial gestalten.
Das moderne Gdynia entsteht
Die Innenstadt von Gdynia wurde in Parzellen unterteilt und an private Investoren verkauft. Auf den besten Grundstücken entstanden so die repräsentativsten Gebäude. Die großteils jüdischen Architekten der Stadt ließen sich vom Bauhaus-Stil leiten und planten ein stimmiges Gesamtkonzept ähnlich wie in Tel Aviv. Viele der Bauwerke weisen klassische Elemente des Modernismus auf: einfache geometrische Formen, flache Dächer, abgerundete Ecken und Balkone, große Fenster und schmucklose Fassaden. Einige Häuser erinnern beim Betrachten eindeutig an den Rumpf von Schiffen und ihre Balkone an die Kommandobrücke eines Kapitäns. Im Gegensatz zu den typischen roten Backsteinhäusern in Danzig sind die Fassaden hauptsächlich in hellen Farben gestrichen, was Gdynia den Namen „Weiße Stadt am Meer“ einbrachte.
Die Besonderheiten in Gdynia
Erwähnenswert ist, dass die komplette Innenstadt von Gdynia in den 1920er- und 1930er-Jahren entstand und den Zweiten Weltkrieg – im Gegensatz zum Hafen, der weitgehend zerstört wurde – fast unbeschadet überstand. Es gibt weltweit überhaupt nur drei weitere Städte, die ein solches gesamtstädteplanerisches Konzept für eine Innenstadt im Sinne des Modernismus aufweisen: Tel Aviv in Israel, Brasiliens Hauptstadt Brasilia und Asmara in Eritrea. Dementsprechend verwundert es nicht, dass gleich die ganze Innenstadt von Gdynia die höchste nationale Auszeichnung Polens verliehen bekam, nämlich „Denkmal der Geschichte“. Während meines Rundgangs durch die Straßen fühlte ich mich übrigens teilweise an meine Heimatstadt Wien erinnert, denn die Formensprache des Bauhaus findet sich auch im Architekturstil der Wiener Moderne wieder – siehe Otto Wagner in Wien: Erbe eines Visionärs.
Vom Krieg zum Ende des Kommunismus
Der Beginn des Zweiten Weltkriegs brachte den Aufschwung in Gdynia zum Erliegen. Unter deutscher Besetzung wurde die Stadt in Gotenhafen umbenannt und die Bewohnerinnen und Bewohner unterdrückt oder deportiert. Nach der „Befreiung“ durch die Rote Armee 1945 änderte sich nichts für die Bevölkerung: die Zeit der Repressionen und Vergewaltigungen ging nahtlos weiter. Viele Geflüchtete kamen nach Gdynia zurück und der Wiederaufbau begann unter ständiger Überwachung sowie harter Kontrolle durch den Staat. Preiserhöhungen und fehlende Lebensmittel sorgten in den 1970er- und 80er-Jahren für landesweite Streiks, was 1989 schlussendlich zum Ende des Kommunismus in Europa führen sollte (mehr Details zur sogenannten Solidarność-Bewegung). Am 27. Mai 1990 wurden in Gdynia erstmals freie Wahlen durchgeführt – das zeitgenössische Leben konnte endlich beginnen.
TIPP: Weitere Artikel über Polen
Gdynia besuchten wir im Zuge einer neuntägigen Zugreise nach Polen, während der wir ausführlich die Städte Danzig und Posen besichtigten. Alle Artikel dazu und weitere Reiseberichte aus Polen auf meinem Blog findest du nachfolgend:
Mit den folgenden Fotos möchte ich dich auf einen ausgedehnten Spaziergang durch Gdynia mitnehmen und dir meine persönlichen Highlights zeigen. Viele Bilder zeigen die wichtigsten Gebäude des Modernismus und du wirst sicherlich schnell selbst die Faszination hinter dieser besonderen Architektur spüren. Aber auch die anderen Vorzüge von Gdynia möchte ich dir näherbringen wie etwa den genialen Stadtstrand, den Aussichtshügel Kamienna Góra oder das enorm lehrreich gestaltete Stadtmuseum mit allen Details zur bewegten Geschichte zur Entstehung von Gdynia.
FAZIT
Einen Tagesausflug nach Gdynia zu machen, stellte sich für mich als absolute Überraschung und einprägsames Erlebnis heraus, das ich dir nur weiterempfehlen kann! Die Geschichte der noch recht jungen Hafenstadt ist faszinierend und wird im Stadtmuseum perfekt erklärt. Die zahlreichen Gebäude im Stil des Modernismus verleihen Gdynia eine ganz spezielle Atmosphäre, wie ich sie noch nirgends erlebte. Auch den Meereszugang mit dem großartigen Stadtstrand möchte ich ganz bewusst hervorheben – Karibik-Feeling im Norden von Polen hat schon ein spezielles Flair. Wenn du also die Chance hast, sieh dir Gdynia unbedingt an und schreib mir einen Kommentar, wie dir die Stadt gefallen hat!
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8 Kommentare bei „Gdynia: Die Perle des Modernismus“
Liebe Christian,
was für ein Artikel! Vielleicht hast du ja (noch) auf dem Schirm, dass wir auch ganz große Modernismus-Fans sind (zuletzt hatten wir über die modernistischen Bauten Faros geschrieben), und da ist dein Artikel über Gdynia natürlich genau unsere Einflugschneise. Lieblingsfoto: der gelbe Plattenbau. Lieblingsgebäude: die Kirche. Dass die allerdings nicht offen war, ist ja megaschade. Da hast du uns Geschmack gemacht auf eine Stadt, die wir noch nie auf dem Schirm hatten. Brasilia und Asmara stehen zudem auch auf unserer Architektur-Bucket-List. Danke für die Inspiration. Direkt gepinnt. Herzliche Grüße von Gabi und Michael
Fantastisch. Ich hatte keine Ahnung von dieser Modernismus-Hochburg, sie kommt auf die Wunschliste, auf der sowieso immer mehr Architekturziele landen. Danke für den Input!
Maria
Wahnsinn – danke für den Input zu dieser Stadt, von der ich noch nie zuvor gehört habe. Richtig schöne Fotos – vor allem das vom gelben Megabau 😉 und die Bauhausprägung ist schon was Besonderes.
Wow, tolle Inspiration. Ich war vor einiger Zeit in Danzig, hatte aber Gdynia gar nicht auf dem Radar. Tolle Fotos. Ich bin zwar gar nicht so der Architektur-Nerd, aber diese einzigartig gestalteten Städte – gerade in Osteuropa – finde ich immer super spannend. Danke für den Tipp und coolen Bericht.
Liebe Christian,
was für ein Artikel! Vielleicht hast du ja (noch) auf dem Schirm, dass wir auch ganz große Modernismus-Fans sind (zuletzt hatten wir über die modernistischen Bauten Faros geschrieben), und da ist dein Artikel über Gdynia natürlich genau unsere Einflugschneise. Lieblingsfoto: der gelbe Plattenbau. Lieblingsgebäude: die Kirche. Dass die allerdings nicht offen war, ist ja megaschade. Da hast du uns Geschmack gemacht auf eine Stadt, die wir noch nie auf dem Schirm hatten. Brasilia und Asmara stehen zudem auch auf unserer Architektur-Bucket-List. Danke für die Inspiration. Direkt gepinnt. Herzliche Grüße von Gabi und Michael
Freut mich, dass ich euch inspirieren konnte! 🙂
Viele Grüße
Christian
Fantastisch. Ich hatte keine Ahnung von dieser Modernismus-Hochburg, sie kommt auf die Wunschliste, auf der sowieso immer mehr Architekturziele landen. Danke für den Input!
Maria
Danke für deinen Kommentar Maria-Bettina!
Viele Grüße
Christian
Hallo Christian,
Wahnsinn – danke für den Input zu dieser Stadt, von der ich noch nie zuvor gehört habe. Richtig schöne Fotos – vor allem das vom gelben Megabau 😉 und die Bauhausprägung ist schon was Besonderes.
Liebe Grüße
Sandra
Danke Sandra!
Freut mich, wenn dir der Artikel gefällt. 🙂
Viele Grüße
Christian
Hi Christian,
Wow, tolle Inspiration. Ich war vor einiger Zeit in Danzig, hatte aber Gdynia gar nicht auf dem Radar. Tolle Fotos. Ich bin zwar gar nicht so der Architektur-Nerd, aber diese einzigartig gestalteten Städte – gerade in Osteuropa – finde ich immer super spannend. Danke für den Tipp und coolen Bericht.
Liebe Grüße
Dennis
Vielen Dank Dennis!
Liebe Grüße
Christian